Recht
03.02.2008
Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbäuchen – MoMiG


Am 29. Mai 2006 hat das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vorgestellt. Er wurde den Bundesressorts, den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet.

Am 23. Mai 2007 ist der Regierungsentwurf vom Bundeskabinett beschlossen worden. Entsprechend dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens wurde er zunächst dem Bundesrat zugesandt (Bundesrats-Drucksache 354/07 vom 25. Mai 2007).

Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf begrüßt und in seiner Sitzung vom 6. Juli 2007 Stellung genommen (Bundesrats-Drucksache Nr. 354/07 [Beschluss] vom 6. Juli 2007). Zu dieser Stellungnahme hat sich die Bundesregierung im Juli 2007 geäußert (Bundestagsdrucksache Nr. 16/6140 vom 25. Juli 2007, S. 176 ff.).

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache Nr. 16/6140 vom 25. Juli 2007) in der Sitzung vom 20. September 2007 in erster Lesung beraten und beschlossen, den Entwurf an den Rechtsausschuss (federführend) und an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie zu überweisen.

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat am 23. Januar 2008 eine öffentliche Sachverständigenanhörung zur GmbH-Reform durchgeführt.

Weitere Schritte im Gesetzgebungsverfahren, vor der Verkündung und dem Inkrafttreten der GmbH-Reform, sind die abschließende Beratung in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages, die zweite und dritte Lesung des Gesetzes im Deutschen Bundestag und der „zweite Durchgang“ der Reform im Bundesrat. Wegen des späten Anhörungstermins ist ein Inkrafttreten zu Beginn des dritten Quartals 2008 wahrscheinlich.

In einer Synopse [PDF] sind alle gesetzlichen Änderungen, die der MoMiG-Regierungsentwurf im Vergleich zur bisherigen Rechts- und Gesetzeslage vorsieht, übersichtlich zusammengefasst. Der Umfang der Synopse ergibt sich aus den mannigfaltigen Änderungsvorschlägen.

Wie wir aus verschiedenen Informationsquellen erfahren haben, werden die vorgeschlagenen Änderungen des Bundesrates voraussichtlich nicht umgesetzt. Es wird wohl eine Gesetzesfassung, die sehr nah und eng auf der Basis des Regierungsentwurfs fußt, umgesetzt werden.

Die Wirtschaftsprüferkammer hat unter dem Datum vom 30.08.2007 gegenüber dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) eine Stellungnahme zu verfasst. Diese ist unter www.wpk.de/stellungnahmen einsehbar.

Nachfolgend sind in Kursivlettern bei den Erläuterungen bereits einige Einschätzungen unsererseits angegeben.

I.
Zielsetzung

Das MoMiG will zunächst einmal der Modernisierung und Deregulierung des geltenden GmbH-Rechts dienen. Weiterhin sollen durch die Neuregelung die internationale Wettbewerbsfähigkeit der GmbH gestärkt werden: Insbesondere soll das MoMiG einerseits eine Antwort auf die englische Limited sein und zum anderen auch der Exportfähigkeit der deutschen GmbH dienen.

Existenzgründungen sollen erleichtert werden. Zugangshürden zur GmbH in Gestalt von Kapitalanforderungen und Formalitäten, gerade gegenüber kleinen Unternehmen, sollen beseitigt werden.

Das Gesetz hat schließlich die Bekämpfung von Missbräuchen der Rechtsform GmbH zum Ziel. Im Visier sind die sog. „Firmenbestatter“.

II.
Gründungserleichterungen
Bei den Gründungserleichterungen sind insbesondere vier Maßnahmen zu nennen:

1. Das Mindeststammkapital soll auf € 10.000,00 abgesenkt werden (§ 5 Abs. E-GmbHG).

2. Die Vorlage behördlicher Genehmigungen soll entfallen (Streichung von § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG).

3. Es soll ein „Gründungsset“ bestehend aus einer ganz kurzen Standardsatzung und Formularen für die Handelsregisteranmeldung, einem Geschäftsführerbestellungsbeschluss und einer Gesellschafterliste angeboten werden (§§ 2 Abs. 1a, 7 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. Mustern Anlage 1 und 2 E-GmbHG).

Bei dieser Standardsatzung genügt die öffentliche Beglaubigung der Unterschrift. Eine notarielle Beurkundung ist dann nicht mehr erforderlich.

Da drei Unternehmensgegenstandsvarianten zur Verfügung stehen, dürfen diese nicht miteinander kombiniert werden, da ansonsten das Angebot des „Gründungssets“ und damit die erleichterte Gründung nicht in Anspruch genommen werden kann. In Fällen ausgeklügelter Satzungen und / oder einem weiten Geschäftszweck kann das Gründungsset nicht in Anspruch genommen werden.

4. Reziprok zur britischen Limited kann nun eine GmbH auch künftig ihren Verwaltungssitz im Ausland haben (Streichung von § 4a Abs. 3 GmbHG).

III.
Kapitalaufbringung
Hinsichtlich der Kapitalaufbringung ist folgendes erwähnenswert:
1. Hatte die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) jüngst entschieden, dass die Einlage nicht geleistet ist, wenn der eingezahlte Betrag dem Gesellschafter (Inferenten) alsbald im Wege einer Darlehensgewährung wieder ausgereicht wird (BGH vom 21.11.2005, DB 2005, 2743), so kehrt ein neu einzufügender Paragraph § 8 Abs. 2 Satz 2 E-GmbHG die Situation um:

Die Einlageschuld ist getilgt, wenn sie durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gedeckt ist und vor der Einlageleistung eine Vereinbarung einer Leistung an den Gesellschafter getroffen ist, die wirtschaftlich eine Einlagenrückgewähr darstellt, nicht jedoch als verdeckte Sacheinlage nach § 19 Abs. 4 GmbHG zu beurteilen ist.

Der Gesetzgeber hat dabei einen solventen Gesellschafter vor Augen und denkt zum anderen an typische Cash-Pool-Situationen (Zusammenfassung der Mittel auf dem Konto des Mutterunternehmens).

Den vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch hat der Geschäftsführer zu beurteilen. Hieraus resultierte ein erhebliches Risiko für den Geschäftsführer, da er im Falle eines nicht vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs, die hieraus resultierenden Folgen persönlich zu tragen hat. 2. Die Registerprüfung gemäß § 9c Abs. 1 Satz 2 GmbHG wird eingeschränkt, wonach eine Zurückweisung des Eintragungsantrages nur noch bei „nicht unwesentlicher“ Überbewertung erfolgen darf. Hierdurch nähert man sich dem Aktiengesetz an. Allerdings ist dort eine zwingende Gründungsprüfung vorgesehen, die es gerade bei der GmbH nicht gibt.

3. Die Behandlung verdeckter Sacheinlagen wird eine wesentliche Neuregeleung erfahren:

Bisher kam der verdeckten Sacheinlage keinerlei Erfüllungswirkung zu, d. h. das verdeckende Geschäft - klassische Fälle waren hier die regelmäßig eine „durchgeführte“ Bargründung einer GmbH und der dann zeitlich und sachlich damit in Zusammenhang stehende Erwerb von Vermögensgegenständen des betreffenden, die Bareinlage leistenden, Gesellschafters durch die GmbH - mit diesen Barmitteln. wurde sowohl schuldrechtlich als auch seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH vom 07.07.2003, BB 2003, 1922) dinglich als unwirksam eingestuft.

Durch diese „Gestaltung“ wurde regelmäßig versucht, die Sachgründungsprüfung bei der GmbH zu unterlaufen, was jedoch im Ergebnis dazu führte, dass keine Erfüllungswirkung gegeben war, sondern die Einlage noch einmal in bar geleistet werden musste oder die Bargründung mit einem erheblichen formalen und kostenmäßigen Aufwand in eine Sachgründung umgewidmet werden musste.

§ 19 Abs. 4 E-GmbHG will die Erfüllungswirkung einer verdeckten Sacheinlage (für die eine Definition im Gesetz gegeben ist) ausdrücklich bestätigen. Es soll - wie bei der offenen Sacheinlage - mit einer Differenzhaftung (§ 9 GmbHG) sein Bewenden haben.

Allerdings hat der leistende Gesellschafter (Inferent) die Beweislast für die Werthaltigkeit des Vermögensgegenstandes.

Ob sich hierdurch die Einhaltung der Sacheinlagevorschriften noch gewährleisten lässt, muss ernsthaft bezweifelt werden. Haftungsrechtliche Folgen wären dann, dass im Falle der nicht ausreichenden oder nicht vorhandenen Werthaltigkeit der Differenzbetrag in bar nachzuentrichten wäre.

4. Bei einer Ein-Mann-GmbH soll die Volleinzahlung bzw. Sicherung entfallen (Neufassung von § 7 Abs. 2 Satz 3 E-GmbHG).

IV.
Geschäftsanteile

1. Der Begriff der „Stammeinlagen“ wird entfallen. Statt des bisherigen Mindestnennbetrags eines Geschäftsanteiles von € 100,00 wird es einen solchen von € 1,00 geben. Dieser muss jedoch auf einen glatten Eurobetrag lauten (§ 5 Abs. 2 E-GmbHG).

2. Anders als bisher kann ein Gesellschafter bei Gründung oder Kapitalerhöhung - logisch konsequent - beliebig viele solcher Geschäftsanteile übernehmen. Bislang war dies nicht möglich.

3. Die Geschäftsanteile müssen zur Identifikation mit einer laufenden Nummer versehen werden (§§ 8 Abs. 1 Nr. 3, 40 Abs. 1 E-GmbHG).

4. Die bisherigen Teilbarkeitsbestimmungen (bisher § 17 GmbHG) werden gestrichen. Bislang konnte nur im Fall der Veräußerung und Vererbung eine Teilung vorgenommen werden (§ 17 Abs. 6 Satz 1 GmbHG).

Diese Vorschrift war wegen der rechtlichen Konsequenzen im Falle der Nichtbeachtung, nämlich der Nichtigkeit der Geschäftsanteilsabtretung, von verheerender Wirkung und im Falle von Geschäftsanteilsveräußerungen oder -erwerben ein erhebliches Transaktionshindernis!

Die Teilung - mindestens € 1,00 - und erstmals gesetzlich erwähnt, die Zusammensetzung, bleiben zulässig (§ 46 Nr. 4 E-GmbHG).

5. Die oftmals bislang in der Praxis fälschlich als bedeutungslos angesehene Gesellschafterliste wird deutlich aufgewertet. Im Verhältnis zur Gesellschaft gilt als Gesellschafter nur, wer in der „im Handelsregister aufgenommenen“ Liste eingetragen ist (§ 16 Abs. 1 E-GmbHG).

6. Es bleibt zwar bei der grundsätzlichen Zuständigkeit der Anzeigepflichten der Veränderungen im Gesellschafterbestand bei den Geschäftsführern (§ 40 Abs. 1 E-GmbHG), jedoch ist der Notar im Rahmen seiner Mitwirkung zur Einreichung einer von ihm bescheinigten Liste verpflichtet (§ 40 Abs. 2 E-GmbHG).

7. Bislang war ein gutgläubiger Erwerb von Geschäftsanteilen nicht möglich. Dies bedeutete, dass im Rahmen von Due-Diligence-Prüfungen regelmäßig die gesamte Kette der Anteilsübertragungen geprüft werden musste. Nunmehr soll es zukünftig einen gutgläubigen Erwerb von Geschäftsanteilen geben. Voraussetzung hierfür ist die Eintragung des Veräußerers in die Gesellschafterliste:

Der Erwerber kann einen Geschäftsanteil oder ein Recht daran durch Rechtsgeschäft wirksam vom Nichtberechtigten erwerben, wenn der Veräußerer als Inhaber des Geschäftsanteils in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dies gilt nicht, wenn die Liste zum Zeitpunkt des Erwerbs hinsichtlich des Geschäftsanteils weniger als drei Jahre unrichtig und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Ein gutgläubiger Erwerb ist ferner nicht möglich, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Liste ein Widerspruch zugeordnet ist. Die Zuordnung eines Widerspruchs erfolgt aufgrund einer einstweiligen Verfügung oder aufgrund einer Bewilligung desjenigen, gegen dessen Berechtigung sich der Widerspruch richtet. Eine Gefährdung des Rechts des Widersprechenden muss nicht glaubhaft gemacht werden.

Entsprechend der Vorschrift des § 892 BGB (Widerspruch in Grundbuchangelegenheiten) kann also der Gutglaubenserwerb also durch einen „zugeordneten“ Widerspruch ausgeschlossen werden (§ 16 Abs. 3 E-GmbHG). Allerdings - und dies ist eine Schwäche - findet eine Prüfung der Eintragung in die Gesellschafterliste durch das Handelsregister nicht statt.

Probleme dürften sich regelmäßig beim Nachweis der positiven Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis der Unrichtigkeit der Gesellschafterliste ergeben. Für die Gesellschafter wird dies in Zukunft bedeuten, dass diese aus eigenem Interesse heraus immer wieder, d. h. in festzulegenden Zeitabständen, die Gesellschafterliste durch Einblick in das elektronisch geführte Handelsregister nehmen müssen, da andernfalls der Verlust einer Gesellschafterstellung im Falle „dunkler Machenschaften“ drohen könnte. Zwar bestünden dann Schadenersatzansprüche gegen den / die Schädiger, aber wer weiß, was diese im Endeffekt tatsächlich und ggf. nach langer gerichtlicher Auseinandersetzung (noch) wert sind.


V.
Kapitalerhaltung

1. Es bleibt bei dem Grundsatz, dass Auszahlungen zu Lasten des Stammkapitals an Gesellschafter nicht erfolgen dürfen (§ 30 Abs. 1 GmbHG).
Allerdings wird dieser Grundsatz in zwei Ausnahmefällen durchbrochen:
a) bei Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträgen oder
b) bei vollwertigem Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch

Soweit wird durch § 30 Abs. 1 Satz 2 E-GmbHG ein bilanzielles Denken in Form eines Aktivtausches vorausgesetzt bzw. umgesetzt.

Allerdings ist der Geschäftsführer bei der Beurteilung eines vollwertigen „Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruchs“, ähnlich wie bei § 8 E-GmbHG, erheblichen Haftungsgefahren ausgesetzt.

Dieser neue Satz 2 in § 30 Abs. 1 E-GmbH soll dem Bedürfnis der Wirtschaft nach Durchführung und rechtlicher Absicherung des Cash-Poolings Rechnung tragen. Spektakuläre Fälle wie der Zusammenbruch des Bremer Vulkan haben aber gezeigt, dass Cash Pooling auch zweckentfremdet eingesetzt werden kann. Haftungsgefahren werden voraussichtlich auf Geschäftsleitungs- und / oder Überwachungsorgane übergewälzt werden, da diese die Vollwertigkeit eines Rückgewähranspruchs zu prüfen haben.


Eine weitere Ausnahme zu § 30 Abs. 1 GmbHG bringt § 30 Abs. 1 Satz 3 E-GmbHG:

Bei der Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die ihnen wirtschaftlich entsprechen, gilt der Stammkapitalerhaltungsgrundsatz nicht.

Dies bedeutet, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen bzw. zu eben solchen eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassungen, die in der Praxis sehr ausufern waren, aushebelt und nicht angewendet sehen will.

2. Die bisherigen §§ 32a, 32b GmbHG betreffend Gesellschafterdarlehen werden gestrichen und in das Insolvenzrecht gelagert; das bisherige Kleinstbeteiligungsprivileg wird in § 39 InsO verlagert:

a) § 39 Abs. 1 Nr. 5 E-InsO erklärt sämtliche Gesellschafterdarlehen, also auch solche, die nicht im bisherigen Sinne eigenkapitalersetzend sind, und Forderungen aus wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlungen in der Insolvenz für nachrangig. Im Überschuldungsstatus sind sie nicht zu passiveren (§ 19 Abs. 2 Satz 2 E-InsO).

Diese neuerlichen Regelungen bedeuten eine erhebliche Verschärfung, da die Frage des Eigenkapitalersatzes nicht mehr gestellt wird und jedes Gesellschafterdarlehen im Insolvenzfall absolut letztrangig ist. In der Praxis dürfte dies dazu führen, dass die Gesellschafter im „Falle der Fälle“ – von wenigen Ausnahmen abgesehen – leer ausgehen werden.

b) Rückzahlungen sind gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 5 E-InsO innerhalb eines Jahres nach einem Insolvenzeröffnungsantrag anfechtbar.

3. Eine „Ausplünderungshaftung“ der Geschäftsführer soll im geplanten § 64 Abs. 2 Satz 3 E-GmbHG installiert werden für Zahlungen, die zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten.

Hier wird analog zum bekannten „existenzvernichtenden Eingriff“ des Gesellschafters und zur „Tri-Hotel-Entscheidung“ des BGH (Aktenzeichen: II ZR 3/04) ein neuer Haftungstatbestand für die Geschäftsführer begründet.

VI.
Unternehmergesellschaft

1. Bei der Unternehmergesellschaft handelt es sich nicht um eine besondere Rechtsform, sondern lediglich um eine Rechtsformvariante der GmbH. Für die Unternehmergesellschaft gilt mit Ausnahme der nachfolgende genannten Erleichterungen das gesamte übrige GmbH-Recht.

2. Beim Einzelgesellschafter beträgt das Mindeststammkapital € 1,00 (§ 5a Abs. 1 E-GmbHG).

3. Das Mindeststammkapital muss voll eingezahlt werden, Sacheinlagen sind ausgeschlossen (§ 5a Abs. 2 E-GmbH).

4. Eine Unternehmergesellschaft muss zwingend den Rechtsformzusatz „Unternehmergesellschaft“ (Haftungsbeschränkung) führen und darf nur in „UG (haftungsbeschränkt)“ abgekürzt werden (§ 5a Abs. 1 E-GmbHG).

5. Die Unternehmergesellschaft muss quasi zum „Ansparen“ (bis zum gesetzlichen Mindeststammkapital) eine gesetzliche Rücklage bilden, in die ein Viertel des um einen Verlustvortrag mindernden Jahresüberschusses einzustellen ist. Die Rücklage darf nur zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden (§ 5a Abs. 3 E-GmbHG).

Es stellt sich ernsthaft die Frage, ob und wie diese Rücklagenbildung – vom Gesetzgeber nicht gewollt! - beispielsweise durch Vergütungen an die Gesellschafter umgangen werden kann.

6. Bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit muss bei der Unternehmergesellschaft die Gesellschafterversammlung unverzüglich einberufen werden (§ 5a Abs. 4 E-GmbHG).

7. Wenn die Gesellschaft ihr Stammkapital auf das gesetzliche Minimum € 10.000,00 erhöht (hierzu ist sie jedoch bei hinreichenden Rücklagen nicht verpflichtet) ist sie eine „normale GmbH“, kann aber ihre Firma beibehalten (§ 5a Abs. 5 E-GmbHG).

Solche GmbHs werden regelmäßig die Komplementärfunktion bei Personenhandelsgesellschaften nicht ausüben können, da solche Komplementärgesellschaften regelmäßig vom Gewinn ausgeschlossen sind und nur eine Haftungsvergütung erhalten.

Dadurch, dass die Unternehmergesellschaft dem deutschen Recht untersteht, gibt es nicht die bekannten Probleme der Anwendung ausländischen Rechts für Gesellschafter und Gläubiger, z. B. im Falle einer britischen Limited.

Auch nach der Deregulierung findet das umfangreiche Regelwerk der GmbH auf diese Unternehmergesellschaften unmittelbar und vollständig Anwendung.

Das Imageproblem der britischen Limited könnte sich ebenfalls bei der Unternehmergesellschaft stellen, da sich die Frage stellt, ob insbesondere kleinere Unternehmer mit einem Stammkapital von € 1,00 tatsächlich in der Lage sind, dauerhaft im Wirtschaftsleben teilzuhaben.


VII.
Missbrauchsbekämpfung
1. Der Katalog der Ausschlussgründe vom Amt des Geschäftsführers wird erweitert (§ 6 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 E-GmbH).

2. Dadurch, dass jede im Register eingetragene GmbH oder Zweigniederlassung eine inländische Geschäftsanschrift eintragen lassen muss (§ 8 Abs. 4 Nr. 1, § 10 Abs. 1 E-GmbHG, § 13 Abs. 1 Satz 1 E-HGB), wird den Firmenbestattern das Wasser abgegraben werden.

3. Für den Fall, dass der Zugang einer Willenserklärung unter dieser Geschäftsanschrift nicht möglich ist, kommt nun eine öffentliche Zustellung in Betracht (§ 15a E-HGB i. V. m. § 185 Nr. 2 E-ZPO).

4. Haben die Gesellschaften keinen Geschäftsführer mehr (§ 35 Abs. 1 Satz 2 E-GmbHG) geht die Verpflichtung, einen Insolvenzantrag zu stellen, künftig auf die Gesellschafter über (§ 15a Abs. 3 E-InsO).

Dies bedeutet, dass die Gesellschafter tätig werden müssen, wenn die GmbH führungslos ist oder wenn Insolvenzantragspflichte vorliegen. Hierdurch ergeben sich erhebliche Haftungsgefahren im Falle von Krisensituationen und Insolvenzen für Gesellschafter etwaiger GmbHs.